Ludwig Siegfried Vitzthum von Eckstädt
V. gab nach einer Karriere im diplomatischen Dienst Kursachsens, die ihn an die außenpolitisch wichtigen Höfe nach St. Petersburg (russ. Sankt-Peterburg), Paris und Wien führte, als Oberkammerherr in Dresden wesentliche Impulse für die Umgestaltung der kurfürstlichen Sammlungen. – V. studierte 1729 bis 1736 Rechtswissenschaft in Leipzig und wurde im März 1736 mit einer lehnsrechtlichen Dissertation promoviert. Im Anschluss daran unternahm er eine längere Auslandsreise. 1739 wurde er zum Kammerjunker und 1742 zum Kammerherrn ernannt. Die erste Station seiner diplomatischen Laufbahn bildete die Begleitung
Stanisław Graf Poniatowskis bei dessen Sondermission nach Paris. 1741 wurde V. dem neuen sächsischen Gesandten am französischen Hof, Johann Adolf Graf von Loß, zur Seite gestellt. Bereits 1743 erlangte er als Vertreter am sardinischen Hof in Turin (ital. Torino) sein erstes selbstständiges diplomatisches Amt. 1746 wurde er in gleicher Funktion auf den für die sächsische Außenpolitik bedeutenderen Posten nach St. Petersburg versetzt und erhielt den Titel eines Geheimen Rats. In Russland musste V. versuchen, das Misstrauen der Zarin
Elisabeth I. gegenüber Sachsen zu beseitigen, das im April 1746 einen Subsidienvertrag mit Frankreich abgeschlossen hatte, obwohl es in einer Defensivallianz mit Österreich und Russland verbunden war. Während seines nur 14-monatigen Aufenthalts gelang es V. die Differenzen so weit aus dem Weg zu räumen, dass ihm die Einladung eines sächsischen Beitritts zum Petersburger Traktat angekündigt wurde. Mit seiner Abberufung im September 1747 erhielt er von der Zarin den Alexanderorden. Von März 1749 bis September 1751 war V. Gesandter in München. Im Zentrum seiner Tätigkeit standen hier familiäre Angelegenheiten der beiden verwandtschaftlich eng verbundenen Kurhäuser. In den folgenden Jahren widmete sich V. der Bewirtschaftung seiner Güter in der Oberlausitz und bei Leipzig. Die Umgestaltung des Parks seines Guts Otterwisch im englischen Stil machte dieses zu einem überlokalen Anziehungspunkt. 1755 wurde V. zum Wirklichen Geheimen Rat ernannt und übernahm im Oktober desselben Jahres den Gesandtschaftsposten am französischen Hof, den er bis 1757 behielt. Damit befand er sich gerade in jener Zeit in Paris, in der sich das Renversement des Alliances vollzog, das Sachsen mit Österreich an die Seite Frankreichs brachte. Bereits vor dem Umsturz der Bündnisse hatte V. für einen sächsischen Vertragsabschluss mit Frankreich plädiert; ein solcher war aber nicht zustande gekommen. – Die Zeit des Siebenjährigen Kriegs verbrachte V. auf seinen Gütern und ohne Verbindung zum Hof. Nach Kriegsende und unter der Herrschaft Kurfürst Friedrich Christians wurde er zum Gesandten am kaiserlichen Hof ernannt. Seine Abfertigung nach Wien verzögerte sich aber bis Ende 1765. Im November 1768 endgültig nach Sachsen zurückgekehrt, erhielt er die Stellung des Oberkammerherrn am neu zu bildenden Hof Kurfürst Friedrich Augusts III. (ab 1806 König Friedrich August I., der Gerechte), die er bis zu seinem Tod bekleidete. – In dieser Funktion kam ihm u.a. die Leitung der kurfürstlichen Sammlungen zu. 1771 schlug V. in einem Gutachten zur Neuordnung der Dresdner Gemäldegalerie die chronologische Hängung der Bilder innerhalb der einzelnen Schulen vor; diese wegweisende Anregung wurde jedoch nicht realisiert. Die Umsetzung dieser Art der Gemäldepräsentation erfolgte erstmals 1781 in Wien. Verdienste erwarb er sich auch um die kurfürstliche Bibliothek, die auf seine Veranlassung wertvolle Schriften aus den sächsischen Schulbibliotheken in Freiberg, Chemnitz, Annaberg und Schneeberg sowie privaten Bibliotheken in Schneeberg und Zwickau ankaufte, darunter seltene Pergamente und Inkunabeln aus dem 15. Jahrhundert. Darüber hinaus ist V. die Anregung zu verdanken, die im Zwinger in unzureichenden Räumlichkeiten untergebrachte Bibliothek zusammen mit dem Münzkabinett und der Antikensammlung im Japanischen Palais zu vereinigen. Für den Bau eines Land- und Steuerhauses in Dresden brachte er neben Christian Friedrich Exner, Friedrich August Krubsacius und Johann Rudolph Faesch einen eigenen Entwurf ein.
Werke De feudis legiis, Diss. Leipzig 1736.
Literatur W. Lippert, Kaiserin Maria Theresia und Kurfürstin Maria Antonia von Sachsen, Leipzig 1908, S. CXCV-CXCVIII; R. Vitzthum von Eckstädt, Ludwig Siegfried Graf V. 1716-1777, in: Vitzthumsche Familienblätter 6/1940, S. 1-41 (Bildquelle); G. Heres, Dresdner Kunstsammlungen im 18. Jahrhundert, Leipzig 1991; V. Spenlé, „Eine chronologische Historie der Mahlerey in Gemählden“, in: Zeitschrift für Kunstgeschichte 67/2004, H. 4, S. 461-478; J. Matzke, Ludwig Siegfried Graf V., in: Vitzthumsche Familienblätter 16/2011, S. 61f. – T. Bürger/K. Hermann (Hg.), Das ABC der SLUB, Dresden 2006, S. 232 (P).
Judith Matzke
1.12.2011
Empfohlene Zitierweise:
Judith Matzke, Artikel: Ludwig Siegfried Vitzthum von Eckstädt,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/19460 [Zugriff 5.11.2024].
Ludwig Siegfried Vitzthum von Eckstädt
Werke De feudis legiis, Diss. Leipzig 1736.
Literatur W. Lippert, Kaiserin Maria Theresia und Kurfürstin Maria Antonia von Sachsen, Leipzig 1908, S. CXCV-CXCVIII; R. Vitzthum von Eckstädt, Ludwig Siegfried Graf V. 1716-1777, in: Vitzthumsche Familienblätter 6/1940, S. 1-41 (Bildquelle); G. Heres, Dresdner Kunstsammlungen im 18. Jahrhundert, Leipzig 1991; V. Spenlé, „Eine chronologische Historie der Mahlerey in Gemählden“, in: Zeitschrift für Kunstgeschichte 67/2004, H. 4, S. 461-478; J. Matzke, Ludwig Siegfried Graf V., in: Vitzthumsche Familienblätter 16/2011, S. 61f. – T. Bürger/K. Hermann (Hg.), Das ABC der SLUB, Dresden 2006, S. 232 (P).
Judith Matzke
1.12.2011
Empfohlene Zitierweise:
Judith Matzke, Artikel: Ludwig Siegfried Vitzthum von Eckstädt,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/19460 [Zugriff 5.11.2024].