Lilla von Kügelgen

Bekannt geworden ist K. durch die Jugenderinnerungen ihres Sohnes Wilhelm, in denen er sie als liebevolle und konsequente Mutter, geachtete und geliebte Ehefrau, geistig anregende Gastgeberin und wahre Christin würdigt. – K. wuchs auf den Gütern ihres Vaters in Eigstfer und Alt-Harm in Estland auf. Die acht Kinder wurden durch Hauslehrer unterrichtet. Frühzeitig erprobte K. ihr pädagogisches Talent an der Tochter ihrer Schwester Sophie und an Pflegekindern. Unter Einsatz ihres Lebens betreute sie pockenkranke Kinder in den Dörfern der Umgebung und organisierte die erste Schutzimpfung. 1798 lernte sie den Maler Gerhard Kügelgen kennen (den Adelstitel nahm er erst ihrem Vater zuliebe wieder an), der als ihr Zeichenlehrer angestellt wurde. Nach langen, schwierigen Auseinandersetzungen mit dem Vater wurde 1800 die Ehe geschlossen. In Pawlowsk bei Petersburg verlor sie ihr erstes Kind. Mit dem Zweitgeborenen, Wilhelm, reiste die Familie 1804 nach Deutschland, um sich nach einem Aufenthalt am Rhein bei der Mutter Gerhards von Kügelgen 1805 in Dresden niederzulassen. Hier wurden die Eheleute zum gemeinsamen Mittelpunkt eines Freundeskreises, dem u.a. die Maler Caspar David Friedrich und Ludwig Richter sowie (als Schülerinnen ihres Mannes) die Malerinnen Caroline Bardua und Luise Seidler angehörten. – Zu den zahlreichen Autoren, von denen K. beeinflusst wurde, gehörten Friedrich Gottlieb Klopstock, Johann Gottfried Herder, Johann Kaspar Lavater und v.a. Joachim Heinrich Campe und Johann Heinrich Pestalozzi, während sie Johann Wolfgang von Goethe eher kritisch gegenüberstand. Über ihre Hausgenossin Henriette Courtan stand sie in Verbindung mit den philanthropischen Kreisen um den Königsberger Buchhändler Johann Friedrich Hartknoch. Darüber hinaus baute sie ihre Beziehungen zu Angehörigen der Herrnhuter Brüdergemeine aus und begleitete mit großer Anteilnahme die Gründung des Ersten Dresdner Frauenvereins durch Friederike Gräfin Dohna und Luise von Schönberg, geb. Gräfin zu Stolberg-Wernigerode. Von großer kulturgeschichtlicher Bedeutung sind K.s Briefe und Tagebuchblätter aus den Befreiungskriegen. Dabei gilt ihre tätige Teilnahme „Freunden“ wie „Feinden“. Im August 1813 suchte die Familie Schutz in Ballenstedt bei Caroline Bardua, wodurch sie für die Zukunft wichtige Verbindungen zum Herzogshaus anknüpfte. Nach der Ermordung ihres Mannes durch marodierende Soldaten 1820 musste K. v.a. um die seelische Gesundheit ihres Sohnes Wilhelm fürchten. Die Familie reiste nach Estland zu Verwandten, allerdings musste K. aus Gesundheitsgründen bald nach Dresden zurückkehren. Trotz ständiger Krankheit widmete sie sich weiterhin der Erziehung von Mädchen aus dem Familien- und Freundeskreis. Später folgte sie ihrem Sohn Wilhelm nach Ballenstedt, wo sie ihm in seinen schweren Depressionen beistand. Wie ihr Briefwechsel belegt, blieb sie bis zu ihrem Tod geistig frisch und aktiv. Sie starb geehrt und unter großer Anteilnahme von Familie und Freunden.

Literatur Helene Marie von K., geb. Zoege von Manteuffel. Ein Lebensbild in Briefen, hrsg. von ihren Enkelinnen A. und E. v. Kügelgen, Stuttgart [o.J.] (Bildquelle); W. v. Kügelgen, Jugenderinnerungen eines alten Mannes, Leipzig 1954.

Iris Schilke
15.4.2004


Empfohlene Zitierweise:
Iris Schilke, Artikel: Lilla von Kügelgen,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/10214 [Zugriff 16.4.2024].

Lilla von Kügelgen



Literatur Helene Marie von K., geb. Zoege von Manteuffel. Ein Lebensbild in Briefen, hrsg. von ihren Enkelinnen A. und E. v. Kügelgen, Stuttgart [o.J.] (Bildquelle); W. v. Kügelgen, Jugenderinnerungen eines alten Mannes, Leipzig 1954.

Iris Schilke
15.4.2004


Empfohlene Zitierweise:
Iris Schilke, Artikel: Lilla von Kügelgen,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/10214 [Zugriff 16.4.2024].