Hermine Körner
Nach kurzem Musikstudium (Klavier) am Konservatorium in Wiesbaden wurde K. 1898 ohne Schauspielausbildung an das Wiener Burgtheater verpflichtet. Es folgten Engagements am Stadttheater Wien (1899-1904) und Residenztheater Berlin (1904/05). 1905 bis 1909 war sie bei
Louise Dumont am Düsseldorfer Schauspielhaus tätig, wo sie ihre eigentlichen Lehrjahre verbrachte. Sie spielte v.a. Salondamen, aber auch Gotthold Ephraim Lessings Minna von Barnhelm, die Porzia in
William Shakespeares „Der Kaufmann von Venedig“ und die Königin Elisabeth in Friedrich von Schillers „Maria Stuart“. 1909 bis 1915 war K. am Hoftheater Dresden engagiert, wo sie große Erfolge feierte, so u.a. die Titelrolle in
Henrik Ibsens „Hedda Gabler“ und
Gerhard Hauptmanns „Elga“, die Eliza in „Pygmalion“ von
George Bernard Shaw, die Lady Milford in Schillers „Kabale und Liebe“ und die Gräfin Tertzky im „Wallenstein“, die Leonore Sanvitale in
Johann Wolfgang von Goethes „Torquato Tasso“ und die Gräfin Werdenfels in
Frank Wedekinds „Der Marquis von Keith“. 1915 brach sie ihren Vertrag, um zu
Max Reinhardt nach Berlin zu wechseln. 1919 ging K. nach München, wo sie das Schauspielhaus leitete. 1925 kam sie nach Dresden zurück, um hier die Direktion des privaten Albert-Theaters und 1926 zusätzlich der Komödie zu übernehmen. Das Albert-Theater widmete sich in erster Linie dem Lustspiel und Salonstücken, spielte jedoch auch klassisches Repertoire. Nachdem Hannes Fischer in der Spielzeit 1926/27 als interimistischer Direktor das Albert-Theater führte, übernahm K. 1927 bis 1929 die Leitung erneut. Als Intendantin übte sie auch aufgrund ihrer künstlerischen Autorität großen Einfluss auf Spielplan und Personalentscheidungen aus. Neben ihrer Tätigkeit als Leiterin führte K. Regie (z.B.
Bertolt Brechts „Dreigroschenoper“ 1929) und wirkte weiterhin als Schauspielerin (Wäscherin in „Madame Sans-Gene“ von
Victorien Sardou, „Ein Spiel von Liebe und Tod“ von
Romain Rolland, Magda in
Hermann Sudermanns „Heimat“). Nicht selten spielte sie in selbst inszenierten Stücken mit (z.B. in Goethes „Iphigenie in Aulis“). Als Intendantin erwarb sie sich Verdienste um die stilistische Erneuerung der Aufführungspraxis. Infolge finanzieller Schwierigkeiten musste K. das Albert-Theater aufgeben, das in die Hände von 30 Pächtern überging. Sie gastierte später aber noch oft dort, so 1931/32 als Mrs. Arbuthnot in „Eine Frau ohne Bedeutung“ von
Oskar Wilde und als Brasa Canava in „Die kalifornische Nachtigall“ von
Zoe Akins. – 1934 engagierte
Gustaf Gründgens K. an das Berliner Staatstheater, wo sie 1941 die Titelrolle bei der Uraufführung von Gerhart Hauptmanns „Iphigenie in Delphi“ übernahm. Im Zusammenhang mit der Ernennung zur Staatsschauspielerin 1934 soll sie von der persönlichen Wertschätzung
Adolf Hiltlers erfahren haben. Von da an sagte sie als Gegnerin der nationalsozialistischen Ideologie alle offiziellen Einladungen des Regimes ab. Sie schlug im selben Jahr das Angebot aus, die Schauspielintendanz des Münchner Nationaltheaters zu übernehmen. 1942 fiel ihr Enkel
Peter im Kaukasus und K. zog sich bis 1946 in tiefer Resignation von der Bühne zurück, setzte sich aber mittels schriftlicher Interventionen an
Hermann Göring für jüdische Schauspieler ein. Der Dichter
Jochen Klepper nannte K. in seinen Tagebüchern „die unerschrockene und unermüdliche Fürsprecherin für ehemals namhafte jüdische Kollegen“, z.B. für
Paul Wegener und
Paul Bildt. Nach dem Zweiten Weltkrieg spielte sie in Stuttgart, Hamburg und Berlin. Mit dem Hamburger Ensemble absolvierte sie zahlreiche Gastspiele in Deutschlands zerstörten Städten, darunter auch 1959 in Dresden. K. zählte zu den größten Tragödinnen des deutschen Theaters. Am 8.1.1956 erhielt sie im Düsseldorfer Schauspielhaus den Louise-Dumont-Goldtopas. Kurz vor ihrem Tod stiftete sie den Hermine-Körner-Ring für deutsche Schauspielerinnen.
Literatur F. Kummer, Dresden und seine Theaterwelt, Dresden 1938; J. Klepper, Überwindung. Tagebücher und Aufzeichnungen aus dem Kriege, Stuttgart 1959; M. Braun, Die Schauspielerin Hermine K., Hannover 1964; A. Smith, Hermine K., Berlin 1970; F. M. Bilstein, Hermine K. (1878-1960): Eine Schauspielerin im Wandel der Stilepochen, Diss. Berlin 1970; M. Altner, Kleine Geschichte des Albert-Theaters, in: Dresdner Hefte 79/2004, S. 35-41 (P). – DBA I, II, III; DBE 5, S. 672; NDB 12, S. 384-386; B. Sucher, Theaterlexikon, München 1999, S. 383f.
Porträt Fotografie, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Abteilung Deutsche Fotothek (Bildquelle).
Manfred Altner
23.6.2006
Empfohlene Zitierweise:
Manfred Altner, Artikel: Hermine Körner,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/16686 [Zugriff 21.11.2024].
Hermine Körner
Literatur F. Kummer, Dresden und seine Theaterwelt, Dresden 1938; J. Klepper, Überwindung. Tagebücher und Aufzeichnungen aus dem Kriege, Stuttgart 1959; M. Braun, Die Schauspielerin Hermine K., Hannover 1964; A. Smith, Hermine K., Berlin 1970; F. M. Bilstein, Hermine K. (1878-1960): Eine Schauspielerin im Wandel der Stilepochen, Diss. Berlin 1970; M. Altner, Kleine Geschichte des Albert-Theaters, in: Dresdner Hefte 79/2004, S. 35-41 (P). – DBA I, II, III; DBE 5, S. 672; NDB 12, S. 384-386; B. Sucher, Theaterlexikon, München 1999, S. 383f.
Porträt Fotografie, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Abteilung Deutsche Fotothek (Bildquelle).
Manfred Altner
23.6.2006
Empfohlene Zitierweise:
Manfred Altner, Artikel: Hermine Körner,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/16686 [Zugriff 21.11.2024].