Heinrich Bruns

Seine schulische Ausbildung erhielt B. bis 1866 am Friedrich-Wilhelms-Gymnasium in Berlin. Sein Studium der Mathematik und Physik an der Berliner Universität, insbesondere bei dem Mathematiker Karl Weierstraß, schloss er 1871 mit einer Dissertation über funktionstheoretische Fragen der Potentialtheorie ab. Anschließend nahm er eine Tätigkeit an der 1835 bis 1839 südlich von St. Petersburg erbauten Sternwarte Pulkowo auf und wurde 1873 Observator an der Sternwarte Dorpat (heute Tartu/Estland). 1876 berief man ihn als außerordentlichen Professor der Mathematik an die Universität Berlin. Zugleich war er als Dozent für physikalische Geografie an der Kriegsakademie sowie für Potentialtheorie und höhere Geodäsie am Geodätischen Institut tätig. 1882 erhielt er einen Ruf als ordentlicher Professor der Astronomie an die Universität Leipzig. Darüber hinaus wurde er Direktor der Leipziger Universitätssternwarte und trat damit die Nachfolge des 1881 verstorbenen Carl Christian Bruhns an. – Als B.s bevorzugtes Interessengebiet erwies sich zunehmend die mathematisch-statistische Seite der Astronomie, hier erzielte er seine wichtigsten Ergebnisse. Dies betraf v.a. die Potentialtheorie als Sonderfall der Anziehungslehre, das Dreikörperproblem, Abhandlungen über die Figur der Erde, die Einführung des Eikonals, Untersuchungen über die Kollektivmaßlehre sowie die Quotenrechnung in der Stellarstatistik. Besonders seine Forschungen über die Nichtexistenz bestimmter Klassen von Integralen im Dreikörperproblem fanden als „Brunssches Theorem“ Eingang in die Lehrbücher. Daneben bemühte er sich, die Sternwarte den neuen Erfordernissen anzupassen und moderne Instrumente entwickeln zu lassen. Sein Organisationstalent kam auch der Universitätsverwaltung u.a. für das Stipendienwesen zugute. – In Anerkennung seiner Verdienste wurde B. 1884 Mitglied der Königlich Sächsischen Akademie der Wissenschaften und später korrespondierendes Mitglied der Akademien der Wissenschaften in München, Berlin und Stockholm. 1892/93 war er Dekan der philosophischen Fakultät und 1912/13 Rektor der Universität Leipzig. 1881 bis 1917 übernahm der Geheime Hofrat B. das Amt des Rendanten der 1863 in Heidelberg gegründeten Astronomischen Gesellschaft, einer internationalen Vereinigung von Wissenschaftlern und Freunden der Himmelskunde. Diese wählte ihren Sitz in Leipzig, wo 1865 auch die erste Generalversammlung stattfand. Die aus der 1800 in Lilienthal bei Bremen gegründeten Vereinigten Astronomischen Gesellschaft hervorgegangene Vereinigung war zu dieser Zeit die beinahe einzige größere internationale Organisation der Astronomen und hatte vor dem Ersten Weltkrieg rund 400 Mitglieder.

Werke Ueber die Perioden der elliptischen Integrale erster und zweiter Gattung, Dorpat 1875; Die Figur der Erde, Berlin 1878; Vorlesungen über höhere Analysis: Wintersemester 1880/81, gehalten von Prof. B., nachgeschrieben von Eduard Götting, Berlin 1881; Über die Integrale des Vielkörperproblems, in: Berichte über die Verhandlungen der Königlich-Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften zu Leipzig, Mathematisch-Physische Klasse 39/1887, S. 1-35, 55-82; Wahrscheinlichkeitsrechnung und Kollektivmasslehre, Leipzig 1901; Grundlinien des wissenschaftlichen Rechnens, Leipzig 1903; Das Gruppenschema für zufällige Ereignisse, Leipzig 1906.

Literatur H. Seeliger, Nekrolog, in: Jahrbuch der Bayerischen Akademie der Wissenschaften 1919, S. 67-72; J. Bauschinger, Nekrolog, in: Vierteljahrsschrift der Astronomischen Gesellschaft 56/1921, S. 59-67 (WV). – DBA I, II, III; DBE 2, S. 173; NDB 2, S. 688; J. C. Poggendorf, Biographisch-literarisches Handwörterbuch der exakten Naturwissenschaften, Bd. 3, Leipzig 1898, S. 208, Bd. 4, Leipzig 1904, S. 196f. (WV), Bd. 5, Leipzig 1926, S. 179, Bd. 6, Leipzig 1940, S. 357; H. A. L. Degener (Hg.), Wer ist’s?, Bd. 1, Leipzig 1905, S. 108; Deutsches Biographisches Jahrbuch 2/1919, S. 714; Online-Ausgabe: www.leipzig-lexikon.de.

Porträt Lithografie nach einem Ölgemälde von A. Klamroth, Staatsbibliothek Berlin, Allgemeine Porträtsammlung.

Heinrich Kaak
1.10.2004


Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Kaak, Artikel: Heinrich Bruns,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/844 [Zugriff 29.3.2024].

Heinrich Bruns



Werke Ueber die Perioden der elliptischen Integrale erster und zweiter Gattung, Dorpat 1875; Die Figur der Erde, Berlin 1878; Vorlesungen über höhere Analysis: Wintersemester 1880/81, gehalten von Prof. B., nachgeschrieben von Eduard Götting, Berlin 1881; Über die Integrale des Vielkörperproblems, in: Berichte über die Verhandlungen der Königlich-Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften zu Leipzig, Mathematisch-Physische Klasse 39/1887, S. 1-35, 55-82; Wahrscheinlichkeitsrechnung und Kollektivmasslehre, Leipzig 1901; Grundlinien des wissenschaftlichen Rechnens, Leipzig 1903; Das Gruppenschema für zufällige Ereignisse, Leipzig 1906.

Literatur H. Seeliger, Nekrolog, in: Jahrbuch der Bayerischen Akademie der Wissenschaften 1919, S. 67-72; J. Bauschinger, Nekrolog, in: Vierteljahrsschrift der Astronomischen Gesellschaft 56/1921, S. 59-67 (WV). – DBA I, II, III; DBE 2, S. 173; NDB 2, S. 688; J. C. Poggendorf, Biographisch-literarisches Handwörterbuch der exakten Naturwissenschaften, Bd. 3, Leipzig 1898, S. 208, Bd. 4, Leipzig 1904, S. 196f. (WV), Bd. 5, Leipzig 1926, S. 179, Bd. 6, Leipzig 1940, S. 357; H. A. L. Degener (Hg.), Wer ist’s?, Bd. 1, Leipzig 1905, S. 108; Deutsches Biographisches Jahrbuch 2/1919, S. 714; Online-Ausgabe: www.leipzig-lexikon.de.

Porträt Lithografie nach einem Ölgemälde von A. Klamroth, Staatsbibliothek Berlin, Allgemeine Porträtsammlung.

Heinrich Kaak
1.10.2004


Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Kaak, Artikel: Heinrich Bruns,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/844 [Zugriff 29.3.2024].